El Calafate, gefühlt fast so etwas wie eine Sackgasse! Denn außerhalb der Saison fahren hier kaum noch täglich Busse und ich erfahre von anderen Travellern, dass ab nächste Woche generell nur noch einmal die Woche gefahren werden soll. Die Ruta 40 ist angeblich gesperrt und mein Bustripp nach Bariloche wird mich 27 Stunden meines Lebens und ein Vermögen in Euro kosten. Alternativen? Kaum… fliegen geht wohl ab Punta Arenas wieder aber da komme ich ja her, also kaufe ich zähneknirschend das Busticket und um noch mehr Kohle zu verprassen, gleich noch eines für eine Gletscherwanderung. Was soll der Geiz, wir haben schließlich die Nachwehen der Finanzkrise und wer weiß was der Euro in ein paar Tagen noch wert ist.
Während ich die Sache mit dem Busticket noch nicht bewerten kann – es steht geschrieben Cama Executive und ich erwarte Schirmchendrinks, knapp bekleidete Stewardessen und Massagesessel – ist das Ding mit dem Gletscher echt eine sinnvolle Geldverschwendung. Don Miguel wird morgens mal wieder völlig übermüdet nach einer nächtlichen Wein-, Essen- und Plauderrunde in einen Bus verfrachtet und zum Perito Moreno Gletscher gefahren. Die Sonne traut sich rotzfrech zu strahlen und ich erfahre von unserem Guide, dass wir wohl ziemliches Glück haben. Vor ein paar Tagen stand noch Sturm auf dem Programm, muss der gleiche sein den ich in Torres del Paine hatte und kurzzeitig steigt paranoider Verfolgungswahn in mir auf.
Am Rande des Gletschers gibt es die übliche Safty First Einweisung und ein wenig Hintergrundinformationen zur Entstehungsgeschichte des Gletschers. Alles wahnsinnig interessantes Zeugs, dass ich aber schon wieder vergessen habe. Haften geblieben ist nur, dass der Gletscher wohl ein optimales Schmelz-/Nichtschmelz Verhältnis hat und deswegen das ganze Jahr über in dieser Form und Größe vorhanden ist, im Winter mit mehr Schnee oben drauf. Ich bekomme ein paar Eiskrallen an die Füße geschnallt und fühle mich danach unmittelbar gerüstet für eine Polarexpedition oder Himalayabesteigung. Mit diesem Übermut stürme ich auf den Gletscher zu um dann vom Guide wieder gebremst zu werden… bitte alle schön im Gänsemarsch… och Menno!
Ich kletter, stolper, kraxel oder falle eine Stunde über den Gletscher, gucke in 30m tiefe Löcher und schlürfe eiskaltes Gletscherwasser. Sich umgeben von Eiswürfeln in der Größenordnung eines kleinen Hochhauses zu wissen, ist schon ungemein beeindruckend. Das gefrorene Naß schimmert bläulich und funkelt wie Diamanten in der Sonne. Es schleicht sich wieder einer dieser Tagträume in mein Gewissen, in dem ich mich bei einer Gipfelbesteigung von einem dieser abartigen Monsterberge in Südamerika sehe und ich bekomme wieder dieses grenzdebile Grinsen ins Gesicht. Am Ende der Tour spendiert der Guide eine Runde Whiskey on the rocks mit 400 Jahre alten Eiswürfeln und nicht ganz so alten Alfajores (Keks, gefüllt mit Dulce de leche und Schokoladeüberzug). Coole Nummer.
Mir wurde gesagt, dass jedes Erlebnis auch einen Lerneffekt haben sollte und dem zolle ich nun Tribut. Ich habe unmittelbar erlebt wie aufwändig die Herstellung von Crushed Ice ist, den man Zuhause meist in unansehnlichen 5 Kilo Säcken in Tiefkühltruhen diverser Tankstellen nicht unbedingt Artgerecht hortet. Denn glückliches Bio Crushed Ice wird in diesem Teil der Erde aufwändig, natürlich unter Beachtung aller ökologischen Auflagen, durch die ehrenamtliche Tätigkeit von Touristen im Rahmen eines Austauschsprogramms (Whiskey gegen Arbeitsleistung) hergestellt. Hätte ich nicht für möglich gehalten, daher in diesem Sinne: Salud!
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